Die seltsamen Geschäfte des Herrn Ippen

Die Mainstreammedien haben es nicht leicht. Sie kämpfen nicht nur mit drastisch sinkenden Absatzzahlen. Vor allem der eigene Bedeutungsverlust nagt stark am eigenen Selbstbewußtsein. Die einstige Torwächterfunktion, sie ist im Aufstieg des Internets flöten gegangen. Und sie kommt nie wieder zurück.

Ende November vergangenen Jahres veröffentlichte die HNA unter dem Titel „Freie Radikale“ ein Elaborat aus der Feder von Martin Benningshoff, in welchem die neuen Feindbilder des Mainstreamjournalismus markiert wurden, die für diesen Bedeutungsverlust verantwortlich sein sollen. Benningshoff, kaum verwunderlich, arbeitet hauptberuflich bei der bräsig-linken „Frankfurter Rundschau“, die wie die HNA zum Medienkonsortium von Dirk Ippen gehört. Zeitweise war er auch Mitarbeiter der SPD-Bundestagsabgeordneten Lale Akgün.

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HNA-Ausschnitt, Ausgabe vom 22.11.2022

Benningshoffs Text ist reichlich konventionell gestrickt. Die Guten sind die klassischen, eine „große Bandbreite“ repräsentierenden Medien, zu denen er erstaunlicherweise auch die bislang stets mit dem Umstritten-Label belegte „Junge Freiheit“ zählt (JF-Herausgeber Dieter Stein würde das wohl mit Erstaunen zur Kenntnis nehmen). Daß aber diese quantitative Bandbreite qualitativ mit einer inhaltlichen und thematischen Engführung verknüpft ist, nämlich aus der engen Blase eines rot-grünen, linksliberalen Weltbildes, das die überwiegende Mehrheit der Mainstream-Journalisten vertritt, das hat Benningshoff offenbar übersehen oder nicht verstanden.

Ihnen gegenüber steht ein teuflischer Bösewicht, der doch selbst einst Teil dieser Medienwelt war, nämlich der unter dem Vorwurf unangemessener Beziehungen zu Mitarbeiterinnen aus seiner Funktion als Chefredakteur der BILD-Zeitung geschasste Julian Reichelt. Reichelt macht derzeit mit seinem Youtube-Kanal „Achtung, Reichelt!“ erfolgreich Furore, der immerhin über 200.000 Abonnenten hat, eine Zahl, von der die HNA heute nur noch träumen kann. Benningshoff arbeitet sich weiter an Reichelts Boulevard-Methoden ab und wirft dazu die üblichen Schlagworte ins Feld wie „populistische Untiefen“, „Verschwörungsgläubige“, „dunkle Gräben seines libertären und populistischen Weltbildes“, „Weltuntergangsstimmung“, „suggeriert einen immerwährenden Notstandsmodus“.

Ihm folgt Roland Tichy als ein kleiner Teufel, weil seriöser auftretend, der aber nach seiner Zeit als Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“ mit „Tichys Einblick“sie ahnen vielleicht schon, was jetzt kommt – „nach rechts ausgebrochen“ ist, eine „Plattform inklusive Printmagazin, die sich um das angebliche Versagen der Regierung [sic!], Massenmigration, unfähige Politiker und Journalisten dreht.“

Mit anderen Worten: Benningshoffs Vorwurf gipfelt darin, daß Tichy den Auftrag der Presse als „Vierte Gewalt“ ernst nimmt, nämlich die kritische Beobachtung der Regierung!

Die Lieblingsfeinde der Alternativen Medien laut Benningshoff: die Grünen. Damit offenbart er unfreiwillig das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zu den Mainstreammedien, in denen – und das ist demoskopisch ziemlich gut abgesichert – die größten Unterstützer der Grünen sitzen.

Und schließlich fährt Benningshoff ein ganz schweres Geschütz auf:

„Publizisten wie Reichelt [vergiften] nicht nur das politische Klima, sie legen die Axt an Grundsätze friedlicher Konflikte.“ – Einfach schauderhaft…

Benningshoff bestätigt alle Vorurteile über den Mainstreamjournalismus als Werturteile, sein Text ist eine einzige Selbstoffenbarung der Selbstgerechtigkeit und der blinden Ignoranz seines Standes, der nicht begreift, wie er durch seine Einseitigkeit selbst zum Teil des Krisenproblems unserer Gesellschaft und der miesen Debattenkultur geworden ist. Zuletzt eindrucksvoll belegt in der unkritischen Gefolgschaft zur Regierung in den heute immer kritischer beäugten Corona-Maßnahmen sowie der undifferenzierten Diffamierung ihrer Kritiker. Und derzeit fortgesetzt in der Hofierung sogenannter Klima-Aktivisten.

Doch es kommt noch besser! Es gibt eine höchst seltsame und überraschende Verbindung zwischen dem Ippen-Konsortium und „Tichys Einblick“, die Benningshoffs Angriffe in ein denkbar ungünstiges Licht rücken. Ein Blick in das Impressum von „Tichys Einblick“ und man erfährt Erstaunliches darüber, wo die Printausgabe gedruckt wird:

Druck Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG.
Fankfurter Str. 168, 34121 Kassel

Ausschnitt aus Impressum TE

„Tichys Einblick“ wird also in der gleichen Druckerei hergestellt wie die HNA, die wie Benningshoffs „Frankfurter Rundschau“ dem Ippen-Konzern gehören!

Halten wir also fest: Eine zu Ippen gehörende Druckerei produziert ein Magazin, von dem Benningshoff sagt, es lege quasi die Axt an unsere Demokratie. Wie passt das aber zusammen? Was soll uns das sagen? Daß es Ippens Unternehmungen so schlecht geht, daß er sich auch an solchen Aufträgen die Hände schmutzig machen muß? Oder daß Benningshoffs Chef zu der Sorte kühl kalkulierender Unternehmer gehören, für die Geld – entgegen aller vorgeblichen Ideale – trotzdem nie stinken kann?

Der Herr Carl und die Pressefreiheit

Es konnte nicht ausbleiben, daß die HNA am vergangenen Montag gleich auf ihrer Titelseite den Tag der Pressefreiheit in seiner Bedeutung würdigte. In der Kolumne „Standpunkt“ zog Nachrichtenredakteur Jörg S. Carl den Bogen zu den russischen Verhältnissen, wo die Pressefreiheit nicht gegeben ist: „Das System Putin hat die Medien im Land gleichgeschaltet und der staatlichen Kontrolle unterworfen.“

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HNA-„Standpunkt“ vom 03. Mai 2022

Dem wiederum stellt er die Verhältnisse in Deutschland gegenüber, wo es „glücklicherweise keinen Mut [bedarf]“, um kritische Dinge zu schreiben, denn hier scheinen für die Pressefreiheit ideale Zustände zu herrschen: „Nur sie garantiert einen unabhängigen Journalismus, der die Fakten abbildet und der Wahrhaftigkeit verpflichtet ist. Als elementarer Bestandteil des demokratischen Systems ist die Pressefreiheit nicht hoch genug einzuschätzen, weil sie das Funktionieren eines demokratischen Gemeinwesens erst möglich macht. (…) Sie ist Voraussetzung für die Meinungsbildung, für die Freiheit der kritischen Rede und der kontroversen Debatte. Darum ist sie einer der zentralen Unterschiede zwischen Demokratie und totalitärem Staat.“- Platituden aus der Echokammer eines Mainstreamjournalisten.

Herr Carl schaut gen Osten und übersieht die keineswegs seinem Idealbild entsprechende Realität hierzulande. Gewiß, in Deutschland riskiert kein Journalist Lagerhaft, wenn er die Regierung kritisiert. Doch auch hier gibt es jenseits eines immer enger gewordenen Meinungskorridor toxische Tabus, die laut anzurühren, empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Was würde einem Journalisten eines großen Pressemediums widerfahren, wenn er nur allein in der Redaktionskonferenz einen der folgenden K.O.-Sätze äußert:

  • Der Westen trägt eine Mitverantwortung am Ausbruch des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine
  • Fridays for Future ist eine Polit-Sekte
  • Gender Mainstreaming ist eine Pseudowissenschaft
  • Die Wirksamkeit der staatlichen Corona-Maßnahmen und der Impfungen auf das Pandemiegeschehen werden weit überschätzt
  • Die Gefahren des Klimawandels werden medial überhöht
  • […]

Belassen wir es bei diesen Punkten, denen wir noch viele weitere anhängen könnten. Wie auch immer, es sind Sätze, die ihren Sprecher sehr einsam werden lassen, zum Unberührbaren, zur Unperson, der für eine weitere Beschäftigung in den MSM zu ungenießbar geworden ist. Wer sich derart äußert, riskiert hierzulande zwar keine 15 Jahre Gefängnis, aber ein informelles Berufsverbot – und zwar lebenslänglich! Und auch Herr Carl hat in seinen Texten nie etwas anderes getan, als sich in den besagten Meinungskorridor zu bewegen und sich seiner Verengung geschmeidig anzupassen.

Es würde den Rahmen sprengen, an dieser Stelle die Ursachen der Glaubwürdigkeitskrise des heutigen Journalismus zu erörtern. Tatsache jedoch ist, daß sie besteht, von vielen Medienkonsumente als solche benannt wird („Lügenpresse“) und auch Thema zahlloser Fachartikel und -publikationen ist. Am deutlichen wurde dieser Mißstand zuletzt in der Coronapandemie, als sich die Mainstreammedien zu regierungsfrommen Verlautbarungsorganen erniedrigt haben, die jeden Zweifler zum „Schwurbler“ und „Querdenker“ diffamierten. Die HNA ist dabei keine Ausnahme, die sonst nichts anderes tut, als dem von den großen Pressehäusern vorgegebenen „Trend“ zu folgen, anstatt eigene Akzente zu setzen.

Eigentlich hätte es Herr Carl gar nicht so schwierig, sich Anschauungsmaterial zu besorgen, wie guter, kritischer Journalismus geht. Das nonkonforme und zunehmend populärere Magazin „Tichys Einblick“ wird in der hauseigenen Druckerei der HNA produziert.

Aber dennoch werden wir uns hüten zu behaupten, Herr Carl sei ein branchentypisches Beispiel dafür, daß man auch trotz abgeschlossenem Studium der Politikwissenschaften und mit jahrzehntelanger Berufserfahrung als Lohnschreiber einer Provinz-Journaille nur über eine beschränkte Sicht verfügen kann – auf sich selbst, seinen Beruf und die Welt insgesamt.