„Was ist der Unterschied zwischen einer Verschwörungstheorie und der Wahrheit? Ungefähr zwölf Monate.“ (Jakob Hayner, WELT Online vom 18.3.2023)
Drei Jahre können gefühlt eine sehr lange Zeit sein, vor allem wenn sie dicht bepackt mit spektakulären Ereignissen sind. In diesen Tagen jährt sich nun zum dritten Mal die erste Verhängung eines Covid-Lockdowns durch die Bundesregierung. Damals noch unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel, eine Maßnahme, deren Verhängung noch wenige Tage zuvor offiziell geleugnet wurde, dann auf wenige Wochen terminiert, um dann auf mehrere Monate verlängert zu werden. Was während dieser Zeit zur Bekämpfung der Covid-Pandemie erfolgte, war ein gesellschaftlicher Stresstest ohnegleichen, noch zusätzlich getoppt von dem von Politik und Medien forcierten Druck auf die Bevölkerung, sich allesamt einer noch unzureichend getesteten Impfung gegen das Corona-Virus zu unterziehen. Zwar ist diese Zeit vorüber, doch die daraus resultierenden gesellschaftlichen Gräben und Verwerfungen sind kaum zugeschüttet. Denn nun beginnt die Aufarbeitung und es kommt heraus – oh, Wunder! -, daß die Maßnahmen, bekanntlich in Teilen rechtswidrig, vielfach weit über das Ziel hinausschossen, gefährliche Kollateralschäden verursachten und auch die Impfung keineswegs, wie der inzwischen von den Medien zum Bundesgesundheitsminister hochgeschriebene Karl Lauterbach behauptete, vollkommen nebenwirkungsfrei war.
Vor nur wenigen Wochen in der Talksendung von Markus Lanz, gab nun Dauergast Lauterbach zu aller Überraschung indirekt den „Querdenkern“ und sogenannten „Schwurblern“ recht. Die Schulschließungen waren überzogen, die Regeln zum Außenaufenthalt – auch mit Maskenzwang! – sogar „Schwachsinn“. Dem Rückzug in Raten folgte seine Relativierung von der angeblich „nebenwirkungsfreien Impfung“ bei Anne Will:
„Auf der anderen Seite müssen wir auch vermitteln, was ja auch so ist: Die Impfungen sind halt mehr oder weniger nebenwirkungsfrei. Das muss immer wieder gesagt werden.“
Was das im schlimmsten Fall konkret bedeutet, hat unter anderem WELT Online berichtet, wie im Fall der 20jährigen Alina Adams, die seit der dritten Impfung auf den Rollstuhl angewiesen ist und um die Anerkennung ihrer Ansprüche kämpft:

JUNGE FREIHEIT 12-23, 17.03.23:
Lauterbach: Impfschäden schneller anerkennen
Berlin. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat das Auftreten von schweren Nebenwirkungen nach der Impfung gegen Covid-19 eingeräumt und sich dafür ausgesprochen, daß Impfschäden schneller anerkannt werden. „Diese Schicksale sind absolut bestürzend. Die Menschen tun mir ehrlich gesagt sehr leid“, beteuerte der Sozialdemokrat im ZDF. Ein etwaiges Versagen des Gesundheitsministeriums an dieser Stelle wollte der Politiker unterdessen nicht sehen. „Damit kein falscher Eindruck hängenbleibt: Schwere Impfschäden sind auf der Grundlage der Daten des Paul-Ehrlich-Institutes oder der Europäischen Zulassungsbehörde in der Größenordnung von weniger als eins zu 10.000 Impfungen. Es ist also nicht so, daß Impfschäden so häufig seien.“ Auf die Frage, weshalb der Gesundheitsminister noch im Sommer 2021 behauptet habe, daß die Impfung „nebenwirkungsfrei“ sei, antwortete Lauterbach ausweichend. „Das war eine Übertreibung, die ich einmal in einem mißglückten Tweet gemacht habe.“ Aber das sei nicht seine grundsätzliche Haltung gewesen. Nun forderte der Sozialdemokrat eine Beteiligung der Pharmakonzerne an eventuellen Schadensersatzzahlungen. „Die Gewinne der Pharmafirmen sind exorbitant gewesen. Das wäre also mehr als nur eine gute Geste“, betonte er. Zuvor hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion gefordert, Bund, Länder und Impfstoffhersteller sollten die Opfer von Corona-Impfschäden über eine Stiftung entschädigen. Bisherige Verfahren seien viel zu bürokratisch, so der gesundheitspolitische Sprecher, Tino Sorge (CDU). Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte die AfD-Bundestagsfraktion von der Bundesregierung verlangt, für eine umfassende Datenlage bezüglich gesundheitlicher Folgen und Nebenwirkungen der Corona-Impfung zu sorgen. Außerdem müsse die Ständige Impfkommission „schnellstmöglich ihre Impfempfehlungen anhand aktueller Daten zur Wirksamkeit und zur Häufigkeit und Schwere von Nebenwirkungen der Covid-19-Impfstoffe überprüfen und aktualisieren“. (fw/vo)
Einer, der den Druck sich impfen zu lassen, besonders zu spüren bekam, war der Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich. Im Oktober 2021 bekannte Kimmich sich zu seiner Skepsis über ein zu wenig getestetes Impfverfahren, das noch mit zu vielen Risiken behaftet sei. Wie groß der Druck gewesen sein muß, kann man sich mittlerweile gut vorstellen. So gab Kimmich am Ende klein bei und ließ sich die Spritze geben. WELT Online erinnerte dieser Tage auch an diesen Fall und setzte ihn in Zusammenhang mit Lauterbachs Versprechen einer „nebenwirkungsfreien Impfung“:
Penibel wurden in dem Beitrag die teils drastischen und übergriffigen Äußerungen Prominenter aufgeführt, aus denen die von Jan Böhmermann besonders abstoßend herausragt:
Der Fall Kimmich stand in der Berichterstattung stellvertretend für ein vermeintlich viel größeres Problem: für die Ungeimpften, die „Impfmuffel“, die „Impfverweigerer“. Um gegen die vorzugehen, war kein Mittel zu schlecht. Jan Böhmermann tönte auf Twitter: „Gespaltene Gesellschaft scheißegal, solange alle geimpft sind.“
WELT Online zieht daraus eine bittere Bilanz:
Menschen wurden zur Impfung oder alternativ aus dem öffentlichen Leben gedrängt, darunter Kinder und Jugendliche, wo Nutzen und Risiko der Impfung in einem völlig anderen Verhältnis zueinander stehen als bei Alten und Risikopatienten. Andere Menschen haben, weil sie die Impfung nicht wollten, ihren Beruf verloren oder konnten ihn nicht oder nur eingeschränkt ausüben. Neben körperlichen Schäden müssen auch die seelischen berücksichtigt werden, außerdem die gesellschaftlichen und politischen: die mutwillige Sabotage öffentlicher Meinungsbildung und das sträfliche Außerachtlassen von Grundsätzen der Selbstbestimmung.
Der Einzelne, sein Körper und seine Entscheidung galten nichts: Klappe halten, impfen lassen. Nun hält das Team Lauterbach plötzlich selbst die Klappe, aus Lautsprechern wurden Leisetreter. Das Schweigen ist dröhnend. Die Blamage ist augenfällig, peinlicherweise mit herbeigeführt durch den obersten Verantwortlichen selbst, den Gesundheitsminister, der sich mit seinen jüngsten Wendungen noch zu retten versucht. Und da die Langzeitfolgen nun plötzlich doch existieren: Hat sich vom „Team Lauterbach“ eigentlich schon jemand bei Joshua Kimmich gemeldet?
Auch die HNA war in dieser Zeit an vorderster Front mit dabei, wenn es gegen „Querdenker, Impfmuffel und Schwurbler“ ging. In der „Standpunkte“-Kolumne „Keine Sonderrolle für den Fußball“ vom 26.10.2021 gab Redakteur Ullrich Riedler folgende Sätze zu Kimmich zum Besten:
[…] Insofern bleibt die Impfung auch im Sport erste Bürgerpflicht. Man gefährdet mit dem Virus nicht nur sich selbst, sondern durch Ansteckungen auch andere. Wem die vielen positiven Studien zur Verträglichkeit der Impfstoffe also nicht ausreichen, der proklamiert mit dem Warten auf Langzeit-Studien für sich einen Luxus, den wir uns gar nicht leisten können. Denn nur wenn wir relativ rasch möglichst viele Menschen gegen Covid-19 impfen, haben wir eine Chance, das Virus entscheidend einzudämmen. Hier beginnt das eigentliche Problem für den FC Bayern und den DFB. Denn Kimmich hat Vorbildfunktion. Er ist herausragender Nationalspieler und Sympathieträger. Vereine und Verbände müssen somit schnell reinen Tisch machen und bei betroffenen Spielern die nötige Überzeugungsarbeit leisten.

Auf welche „positiven Studien“ sich Riedler hierbei beruft, bleibt ein Rätsel. Schon damals war absehbar, daß die Impfung keineswegs die Ausbreitung des Corona-Virus eindämmen würde. Somit war die Impfung alles andere als ein „Game Changer“. Vermutlich plappert Riedler hier nur nach, was die Regierungspropaganda vorgab. Es sind Worte, die im Nachgang der Ereignisse zum Fremdschämen anregen.
So sehr sich die HNA damals in die Phalanx der unkritischen Befürworter aller regierungsamtlichen Maßnahmen einreihte, so dröhnend ist ihr heutiges Schweigen über diese Zeit. Eine Abfrage im HNA-Archiv ergibt keinen Hinweis auf eine Berichterstattung über die bemerkenswerten Auftritte von Lauterbach bei Markus Lanz und Anne Will. Ebensowenig werden die immer offenkundigeren Impfschäden thematisiert. Und auch auf eine öffentliche Entschuldigung von Riedler gegenüber Kimmich dürfen die Leser noch lange warten. Selbstkritik ist eine Fähigkeit, zu der sich noch nie ein HNA-Redakteur fähig zeigte.
Als „Vierte Gewalt“ wäre es jetzt die Aufgabe der HNA, Selbstkritik zu üben und den Rücktritt von Lauterbach zu fordern. Doch das ist wohl für ein regierungstreues Verkündigungsorgan zu viel verlangt.
Nun steht der zweite Jahrestag der gewaltigen Demonstration in Kassel vom 20. März 2021 an, als mehr als 20.000 Menschen friedlich gegen die Regierungsmaßnahmen demonstrierten; ein Ereignis, daß offenbar auf nicht wenige regierungstreue Redakteure der HNA eine traumatisierende Wirkung hatte. Die Gelegenheit, in diesem Sinne in Nibelungentreue zur Regierung rein apologetisch an das damalige Ereignis zu erinnern, wird die HNA wohl kaum verstreichen lassen.
Und dann werden wir vorgeführt bekommen, daß bei diesen Hofschranzen das Trauma über diese Demo heute noch wirksamer ist als die Scham, freiwillig und gerne über jedes Stöckchen gesprungen zu sein, daß die Regierung ihnen hingehalten hat.