Der Lokalpatriot

Porträt des Zeitungsverlegers Dirk Ippen

An seinem 85. Geburtstag am kommenden Montag kann der Zeitungsverleger Dirk Ippen auf eine bemerkenswerte Laufbahn zurückblicken. Mit noch nicht einmal 30 Jahren zuerst als Teilhaber des Westfälischen Anzeigers in Hamm, baute er nach amerikanischem Vorbild mit Zukäufen weiterer Regionaltitel eine Zeitungsgruppe auf, die heute zu den fünf größten in Deutschland zählt.

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Sein Konzept bestand in der technischen Modernisierung der zugehörigen Druckereien und der kompromisslosen Optimierung der Betriebsabläufe. Hinzu kam der Ausbau der lokalen Berichterstattung. Die Gründung von kostenlosen Anzeigenblättern rundeten den Zugang zum Werbemarkt ab. Damit konnte er sich selbst gegen die Angriffe des mächtigen WAZ-Konzerns behaupten. Dabei sollte es nicht bleiben. 1982 erwarb er mit dem Münchener Merkur und der Boulevardzeitung tz zwei bedeutende Titel, seit 2018 auch noch die Frankfurter Rundschau.

Nicht allein eigenes Geschick half beim Aufstieg. Begünstigte anfangs das Kartellrecht ihn als kleinen Mittelständler, so erleichterte später dessen Lockerung das weitere Wachstum bis zur Monopolstellung in ganzen Regionen. Einen Widerspruch zu seinen marktwirtschaftlichen Überzeugungen sieht er hierin nicht.

Wo er sich einkaufte, traf Ippen mit seiner Strategie nicht immer auf Gegenliebe bei der Belegschaft, auch wenn er das angeblich gute Einvernehmen mit den Betriebsräten betont. Nicht allein Tarifflucht und die Härte der Sanierung trafen, auch haderten die Redaktionen mit der Schwerpunktsetzung auf die Lokalberichterstattung, wo sich manch einer „von der Weltpolitik zu den Kaninchenzüchtern“ degradiert sah.

Den gebürtigen Brandenburger ficht das nicht an. Stattdessen sieht sich der promovierte Jurist als ehrlichen Kaufmann, der es vom Mittelständler zum Konzernlenker gebracht hat. Es ist eine Karriere aus den goldenen Wachstumszeiten der alten Bundesrepublik. Die Zukunft seiner Gruppe in der digitalen Medienwelt sieht er bei seinem Neffen Daniel Schöningh und Sohn Jan in besten Händen.

Aus dem Redaktionsgeschehen hält sich Ippen bewußt heraus. Die auffällige Ausnahme von der Regel war 2021 seine Intervention gegenüber seinem Investigativteam in der Affäre um den damaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt, da er seine Geschäftsinteressen mit dem Springer-Konzern gefährdet sah. Springer läßt einen erheblichen Teil seiner Auflage der Bild bei Ippen drucken.

Zu Wort meldet er sich lediglich alle zwei Wochen in den Wochenendausgaben seiner Blätter mit seiner Kolumne „Wie ich es sehe“, oftmals seicht im Stil, aber stets mit liberalem Anspruch.

Zur Politik hielt Ippen betont Distanz. Nichts übrig hat er für Parteibuch-Journalismus. Redakteuren würde er am Liebsten die Mitgliedschaft in Parteien verbieten: „Als Mitglied einer Partei muss man mit sehr vielen Kompromissen leben.“

Gleichwohl hat er es zugelassen, daß auch in seinen Redaktionen die Orientierung am linksgrünen Zeitgeist um sich griff. Gerne weist man dort der alternativen Konkurrenz von rechts die Rolle von Desinformanten zu, die „die Axt an Grundsätze friedlicher Konflikte“ legten.

Erstaunlich genug, daß Ippen trotzdem in seiner hochmodernen Kasseler Druckerei auch Titel aus diesem ungeliebten Meinungsspektrum akzeptiert. Es spricht für Ippen, daß er seinen Geschäftssinn über die politische Ausrichtung seiner eigenen Zeitungen stellt.

Dirk Ippen
Mein Leben mit Zeitungen
256 Seiten, 2016
Societas Verlag
20,00 Euro